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27
Okt
2009

Tour de Lao VI – Panne



Nach dem heissen Ritt durch den Dschungel, war es ja nur eine Frage der Zeit bis irgenwas kaputt geht. Nur ob es zuerst Mensch oder Maschine sein wuerde, war noch offen.
Und wenn Maschine, dann welches Teil: Felge, Stossdaempfer, Reifen oder Getriebe.
Nachdem ich vom besorgten Benzinpumpenmann am spaeten Nachmittag Richtung Nam Neun aufgebrochen war, ging es vergleichsweise entspannt voran. Die Strasse verdiente ihren Namen zwar nicht, aber immerhin war sie die meiste Zeit asphaltiert.
Gegen vier Uhr wurde es erwartungsgemaess kalt. Mein neuer Poncho taugte nur mittelmaessig als Schutz vor dem bisweilen gefuehlt eiskalten Fahrtwind.

Irgendwann mitten im Wald und in den endlosen Haarnadelkruven merkte ich dann, dass das Hinterrad in den Kurven zu schwimmen anfing. Ein kurzer Blick zeigte, dass nur noch bedenklich wenig Luft auf dem Reifen war. Weil aber schon seit 70 Kilometern kein Dorf mehr gekommen war, legte ich einen Zahn zu, was wegen des halbplatten Reifens zunehmend schwerer wurde.

Bald war keine Kurvenlage mehr moeglich, ohne Gefahr zu laufen, den Reifen in der Kurve von der Felge zu reissen, ausserdem machte sich der Plattfuss jetzt auch akustisch bemerkbar. Aber was bleibt einem da uebrig?

Einfach anhalten, zu hoffen, dass vor Einbruch der Nacht noch ein Fahrzeug vorbeikommt und wenn nicht, eine mondlose Nacht mitten im Dschungel zu verbringen, in dem es Tiger und Nebelparder gibt? Das ist keine Option. Nicht, weil ich aus rationaler Perspektive Angst haette von einer Raubkatze gefressen zu werden, aber die undruchdringliche Dunkelheit, die Geraeusche und die Zilliarden gefraessiger Insekten haetten mich wohl den Verstand verlieren lassen.

Eine Nacht im Dschungel rangiert bei mir auf der Liste der Horrorszenarien auf Platz zwei – dicht hinter einer Nacht, im offenen Pazifik treibend.

Also fuhr ich weiter mit maximal 15 Kilometern in der Stunde. Langsam begann der Mantel nach verbranntem Gummi zu stinken und es wuerde keine fuenf Kilometer mehr dauern, bis er von der Felge fliegt.

Dann aber endlich eine Huette. Ich hielt an, schilderte mein Problem, aber ausser einer alten Hmong-Frau, zwei Maedchen und zwei Jungen im nichtreifenreperaturfaehigem Alter, war keiner zu sehen.



Wir probierten den Reifen wieder aufzupumpen, aber die Luft blieb nicht drin.
Man habe aber einen neuen Schlauch und auch einen Mantel, und beides wuerde man mir ueberlassen.

Der etwa zwoelfjaehrige Junge setze sich dann auf sein Moped und fuhr die 17 Kilometer ins naechste Dorf, um dort einen Mann zu holen, der Werkzeug hatte und die Reperatur machen koennte.

Ich blieb in der Huette, schaute den Maedchen beim Spinnen und Weben zu und reichte den buntbebilderten “Lonely Planet Laos“ herum.



Irgendwann kam der Junge mit einem Mann wieder zurueck und der neue Reifen wurde aufgezogen. Ich lehnte dankend Reis und die Uebernachtungsmoeglichkeit ab, trennte mich von 130.000 Kip (=480 baht, 9 Euro) und setzte meine Fahrt fort.
Dann brach die Nacht herein.

Beim naechsten Tankstopp in einem groesseren Dorf erfuhr ich, dass es bis Nam Neun noch 48 Kilometer seien. Das machte also noch mindestens zweieinhalb Stunden eiskalte Serpentinenfahrt im Dunkeln.
Die Strasse war schlecht, Schlagloecher und jede Menge Kies in den Kurven, die Finger und Fuesse spuerte ich gar nicht mehr. Anzuhalten und sie etwas am Getriebekasten aufzuwaermen traute ich mich nicht.

Irgendwann rutschte ich dann in einer steilen Rechtskurve weg, fing den Sturz mit dem rechten beflipflopten Fuss auf und der Schmerz war trotz tauben Fusses sofort da.
Ich hielt den Fuss kurz waehrend der Fahrt in das Licht des Scheinwerfers und stellte die Vollstaendigkeit der Zehen fest. Allerdings war ein Zehennagel zur Haelfte weg und aus zwei weiteren Zehen lief Blut – nochmal gut gegangen.

Medizinische Versorgung gibt es in Laos nicht. In der Haupstadt Vientiane, die jetzt auch schon fast 1000 Kilometer hinter mir lag, gibt es ein paar Kliniken, die aber nur das Einfachste machen koennen. Im Dorf gibt es gar nichts.

Fuer Notfaelle muss eine Ambulanz aus Thailand kommen. Letzte Chance ist der „Lao Westcoast Helicopter“, der aber nicht immer verfuegbar ist, nachts sowieso nicht fliegt und im Dschungel auch nirgendwo haette landen koennen.
Wenn man also 48 Kilometer vor Nam Neun den Abflug macht, mit gebrochenen Knochen 30 Meter weiter unten im Bambus haengenbleibt, laesst man sich lieber vom Tiger fressen.

Das ist immerhin nochmal ein Erlebnis, dass nicht alle Tage vorkommt.

Das gute am Wald ist, dass man den Schmerz einfach rausschreien kann, ohne, dass man sich schaemen muss.

Zwei Stunden spaeter war ich dann in Nam Neun. Von einer Stadt zu sprechen waere deutlich uebertrieben – Dorf ist sicher treffender. Ein kleines Restaurant hatte noch offen. Eine heisse Suppe zu bestellen, klappte nicht auf Anhieb, weil meine Zaehne dauernd klapperten.
Laotisch-Vietnamesische Nudelsuppe (Foe) ist ein Geheimtipp, der gegen fast alles hilft: Kaelte, Liebeskummer, Kater und sogar verlorene Zehennaegel.




Fuenfzehn Minuten spaeter, hatte ich auch eine Schlafstatt gefunden. Ein hartes Bett, ein Moskitonetz und eine dicke Decke – der Himmel auf Erden. Noch bevor der Generator abgestellt wurde und die Huette in Dunkelheit versank, war ich schon im Land der Traume.

Geweckt wurde ich dann aber auf eine Art und Weise, die man wohl am ehesten in Laos erfaehrt, dem am schwersten bombardierten Land der Erde...

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Hanni (Gast) - 27. Okt, 13:10

ich bin Dir auf der Spur

Ich habe in Google earth nachgeschaut wo Du gerade bist. Was ist Dein nächstes Ziel?
Gute Reise und pass gut auf.

sven (Gast) - 28. Okt, 00:37

Lebensglück

Ich hoffe du weist zu schätzen was du da gerade erlebst. Wieviele Menschen haben die Chance und das Glück es durch zu ziehen was du gerade tust.

Wahrscheinlich hätte jeder andere niemanden gefunden der ein Ersatzrad anzubieten hat. Und du hast es für 9,-€ bekommen und kannst deine Tour fortsetzen.

Reinhold Messner hat bei seiner Tour des Lebens mit einer Zehe bezahlt. Und du machst das mit FlipFlops und Bezahlst 9,-€.

Ich habe großen Respekt vor dir.

Ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg und vor allem viel Spaß.

Pratu Namo

PRATU NAMO

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