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5
Dez
2007

Das Taxigedicht

Klassische Literatur ist für mich oft erst dann interessant, wenn sie in Versform, am Besten in Reimen abgefasst ist. Wenn ein Satz also schon festlegt, wie der darauf folgende in etwa zu klingen hat. Wenn dann das Ganze am Ende noch Sinn ergibt, oder gar ein Geschichte erzählt, gerate ich beim Lesen oder Rezitieren schon schwer in die Nähe eines Glücksgefühls. Jetzt ist hier in Thailand der Zugang zu großer Literatur sicher etwas schwerer und ich begnüge mich dementsprechend mit englischen Romanen, die die Touristen hier liegenlassen haben, nachdem sie gemerkt haben, dass sie eigentlich sowieso lieber die ganze Zeit nur Bier trinken wollen, anstatt zu lesen.
Lediglich, wenn mich das Dorfleben in Thailand mit seinem belanglosem Geschwafel, wer wann was gegessen hat, zu sehr nervt, oder ich innerhalb von zehn Minuten zehn Mal nach meinem Befinden gefragt werde, fange ich an, im Geist Schillers „Bürgschaft“ oder wahlweise „Die Kraniche des Ibykos“ aufzusagen. Wenn das nicht reicht auch mal das ein oder andere Satiregedicht von der Wahrheit-Seite der „TAZ“.

Jetzt bin ich aber hauptamtlich eigentlich nicht im Isaan, sondern in Bangkok tätig und komme dementsprechend oft mit einem der Zillionen Taxifahrer ins Gespräch. Und genau hierbei entfaltet sich dann meine eigene literarische Schaffenskraft.
Ziel hierbei ist es sich auf eine solche Art und Weise mit dem Chauffeur zu unterhalten, dass ich nicht denken muss, sondern in Ruhe meinen eigenen Gedanken nachhängen, lesen oder schlafen kann. Natürlich habe ich mich früher jedes Mal auf ein Gespräch mit dem Taxifahrer eingelassen, aber irgendwann ist es einfach ermüdend.

Durch diese hunderten Unterhaltungen, war es mir aber möglich das „Taxigedicht“ zu entwickeln. Natürlich ist die Zahl der tatsächlich darin enthaltenen Reime begrenzt, aber in gewisser Weise liegt dem ganzen doch eine tiefenpsycholgische Struktur zu Grunde. Es geht also darum dem Fahrer ein Gespräch vorzugaukeln. In Wahrheit sage ich aber einfach ein Gedicht auf und lasse den Taxifahrer ebenfalls ein Gedicht aufsagen. Nur weiß er es nicht. Das ganze in dialogischer Abwechslung, die Außenstehende für eine Konversation halten würden.

Es beginnt also, dass ich ein Taxi heranwinke und dem Fahrer das Fahrtziel auf Thai mitteile. Im besten Fall erreichen wir den Bestimmungsort ohne ein Gespräch, meist fragt er mich aber nach dem Weg oder ich muss ihn bitten, die Klimaanlage auf 12° statt 8° hochzustellen. Dann wird er in den Rückspiegel blicken und ein ausländisches Gesicht sehen, dass aber gerade Thai gesprochen hat. Das ist das Signal, dass das Gedicht beginnt:

Taxi (auf Thai): Sie können Thai sprechen?

Pratu Namo (auf Thai): Ja, aber sicher noch nicht perfekt. Ich lerne noch.

Taxi: Ohh, Sie sprechen sehr gut. Wie lange sind Sie schon in Thailand?

Pratu Namo: Vier Monate?

Taxi: Vier Jahre, ohh, sehr gut.

Pratu Namo: Nicht Jahre. Monate.

Taxi: Vier Monate. Warum sprechen Sie dann so gut Thai?

Pratu Namo (schmeicherlisch): Hier ist immerhin Thailand. Die Leute sprechen hier Thai, also sollte ich auch Thai sprechen können.

Taxi (geschmeichelt): Ohh, sehr gut.

Taxi: Aus welchem Land kommen Sie denn?

Pratu Namo: Deutschland.

Taxi (erfreut(warum auch immer)): Ohh, Deutschland. Fußball...sagt wahlweise den Namen eines deutschen Fußballers oder Vereins.

Pratu Namo: Wiederholt den Namen ohne ihn zu verstehen oder gar zu kennen.

Taxifahrer: Die Deutschen sind gute Fußballer. Mögen Sie Fußball?

Pratu Namo (jetzt auf laotisch): Nein, ich finde es langweilig.

Taxifahrer (auch auf laotisch): Sie sprechen auch laotisch!?

Pratu Namo: Ja, ein wenig. Ich habe viele Freunde im Isaan...in Udon.

Taxi: Ich komme aus dem Isaan (Anmerkung: Fast alle Taxifahrer in Bangkok kommen aus dieser nordöslichen Region)
Pratu Namo: Ich mag den Isaan. Die Leute sind arm, aber haben....

Taxi und Pratu Namo im Chor:....ein gutes Herz!

Mit dieser Floskel, die man ständig überall hört verabschiedet sich Pratu Namo in die Schweigsamkeit und der Taxifahrer ist glücklich, steuert sein Taxi lächelnd aber schweigend durch den ewigen Stau Bangkoks und bringt einen auf dem kürzesten Weg ans Ziel.

Sicher ist das „Taxigedicht“ kein Anwärter auf den Kanon der Weltliteratur, funktioniert aber so gut wie immer. Derzeit bin ich auf der Suche nach geeigneten Aufnahmemöglichkeiten um das „Taxigedicht“ auch als Hörspiel im rahmen des „Attaku No. 1“-Podcasts der Weltöffentlichkeit zu Gemüte führen zu können.

Eines aber zum Schluss: Die Taxifahrer sind oft sehr nette und interessante Gesprächspartner und auf dem Rückweg von ausgedehntem Biergenuss bin oft ich es, die dem Fahrer ein Gespräch aufnötigt.

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